Zur Novellierung des Kommunalverfassungsgesetzes hat die Niedersächsische
Landesregierung am 5. Januar 2016 folgende Pressemitteilung herausgegeben:
Die Niedersächsische Landesregierung hat am 5. Januar 2016 den Entwurf zur
Novellierung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes
beschlossen. Er wird jetzt zur Verbandsanhörung freigegeben. Mit dem
Gesetz verfolgt die Landesregierung insbesondere drei Ziele: Die
wirtschaftliche Betätigung der Kommunen wird erleichtert, das
bürgerschaftliche Engagement auf der kommunalen Ebene wird gefördert
und die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen wird verbessert
und gestärkt.
Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen wird erleichtert
Anders als bisher soll es den Kommunen zukünftig wieder nur dann untersagt
sein, ein wirt-schaftliches Unternehmen zu gründen oder zu
übernehmen, wenn ein privater Dritter den da-mit verfolgten
öffentlichen Zweck besser oder wirtschaftlicher erfüllen kann. Die in
diesem Zusammenhang bestehende Drittschutzregel entfällt. Außerdem
wird neu geregelt, dass kommunale Unternehmen zukünftig in Marktbereichen,
in denen sie sich starker privater Konkurrenz gegenübersehen
(vorbehaltlich ihrer Leistungsfähigkeit) ebenfalls als
überörtlicher Anbieter ihrer Leistungen auftreten können.
Für die Bereiche Telekommunikation, Energieversorgung, öffentlicher
Personennahverkehr, Wasserversorgung und Versorgung mit
Breitbandtelekommunikation wird klargestellt, dass die Betätigungen
grundsätzlich einem öffentlichen Zweck dienen. Kommunen sollen auch
erneuerbare Energien erzeugen oder gewinnen oder sich an derartigen Vorhaben
beteiligen können, ohne dass eine Bindung an eigene oder örtliche
Versorgungszwecke vorliegt. Dadurch sollen die bereits eingeleiteten
Maßnahmen zur Energiewende unterstützt werden.
Bürgerschaftliches Engagement wird gefördert
Die Rahmenbedingungen für Bürgerbegehren sollen deutlich verbessert
werden. Ziel ist es, mehr Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger zu
ermöglichen. Das stärkt kommunale Selbstverwaltung und Demokratie und
kann die Akzeptanz von politischen Entscheidungen erhöhen.
Bürgerbegehren müssen bisher durchgehend von zehn Prozent der
Wahlberechtigten schriftlich unterstützt werden, damit es zu einem
Bürgerentscheid kommt. Damit setzt Niedersachsen im Ländervergleich
eine hohe Hürde. In größeren Kommunen bereitet es zunehmend
Probleme, dieses Quorum zu erreichen. Dort soll das Quorum deshalb auf bis zu
fünf Prozent gesenkt werden.
Ein Bürgerentscheid ist bislang verbindlich, wenn die Mehrheit der
gültigen Stimmen dafür stimmen und diese Mehrheit mindestens von 25
Prozent der Wahlberechtigten getragen wird. Dieses Quorum soll auf 20 Prozent
abgesenkt werden.
Wer in Niedersachsen ein Bürgerbegehren auf den Weg bringt, muss einen
formellen Kostendeckungsvorschlag einreichen. Daran scheitern viele Verfahren,
weil haushaltsrechtliche Fachkenntnisse erforderlich sind. Dem Beispiel anderer
Länder folgend soll deshalb zukünftig auf den
Kostendeckungsvorschlag als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines
Bürgerbegehrens verzichtet werden. Die Kostenfrage stellt sich in der
Diskussion über ein Bürgerbegehren erfahrungsgemäß auch
dann, wenn die Initiatoren keinen Deckungsvorschlag eingereicht haben.
Auch in Niedersachsen soll die Sperrwirkung eines Bürgerbegehrens
eingeführt, dessen Zu-lässigkeit festgestellt worden ist. Damit soll
es nicht mehr während des gesamten Verfahrens bis zur Durchführung
des Bürgerentscheids zulässig sein, sich über ein
Bürgerbegehren hin-wegzusetzen und vollendete Tatsachen zu schaffen.
Ausgenommen sind allerdings Maßnahmen, die von der Kommune wegen bereits
bestehender rechtlicher Verpflichtungen vorgenommen werden müssen.
Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten wird gestärkt
Bisher sind nur die Landkreise und großen Städte verpflichtet, eine
Gleichstellungsbeauftragte hauptamtlich zu beschäftigen. Zukünftig
soll das für auch alle Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und
Einwohnern verpflichtend gelten. Die Zahl wird sich damit von 50 auf 130
hauptamtliche Gleichstellungbeauftragte erhöhen. Das Land übernimmt
die damit verbundenen Konnexitätsfolgen und erstattet den Kommunen pro
Jahr rund 1,6 Millionen Euro der anfallenden Personalkosten.
Außerdem wird sichergestellt, dass die umfangreichen Aufgaben der
Gleichstellungsbeauftragten auch in den mittelgroßen Kommunen in
Niedersachsen professionell wahrgenommen werden können. Die
Gleichstellungsbeauftragten sollen ihre Tätigkeit ausüben
können, ohne dass ihnen bei Vorschlägen, die möglicherweise
nicht auf breite Zustimmung treffen, gleich die Abberufung droht. Für
derartige Beschlüsse in den Räten und Kreistagen reichte bisher eine
einfache Mehrheit aus. Für die Abberufung kommunaler
Gleichstellungsbeauftragter ist künftig eine absolute Mehrheit der Stimmen
erforderlich.
Anlage
2. Aktuelle Entwicklungen beim Flüchtlingszuzug
Derzeit kommen weiterhin täglich ca. 600 Menschen nach Niedersachsen.
Diese werden zunächst in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes bzw. den
von den Kommunen für die Erstaufnahme betriebenen Einrichtungen
aufgenommen. Um dies auch für den Fall wieder steigender
Flüchtlingszahlen sicherstellen zu können, beabsichtigt das Land,
seine Erstaufnahmekapazitäten auf 50.000 Plätze auszubauen. Im ersten
Quartal 2016 sollen voraussichtlich 50.000 Menschen auf die Kommunen verteilt
werden.
Die aktuellen Fragen werden inzwischen regelmäßig zwischen dem
Staatssekretärsausschuss Flüchtlinge der
niedersächsischen Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden
erörtert.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Heiger Scholz
Hauptgeschäftsführer
Dokumente:
Ratstelegramm vom 15. Januar 2016 (PDF, 14 kB)
Anlage zum Ratstelegramm vom 15. Januar 2016 (PDF, 491 kB)
Alle Dokumente als Zip (ZIP, 250 kB)
Kontakt: s.behla@nst.de